Tübingen (kf). Eine neue Idee, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wird derzeit in Tübingen umgesetzt. Dort finanziert mit der nestbau AG eine sogenannte Bürger AG mit privaten Geldgebern günstige und stadtnahe Mietwohnungen. „Die nestbau AG füllt einen Teil der Lücke, die sich angesichts knapper öffentlicher Kassen und durch den jahrelangen Förderstopp im sozialen Wohnungsbau auftut“, so nestbau-Gründer Gunnar Laufer Stark.

 

Mehr als 50 Anleger haben zwischen 1.000 und 50.000 Euro in die Bürger-Aktie und in Genussrechte der AG investiert. Insgesamt wurden bisher über eine Million Euro eingesammelt. „Mit unserer Initiative gelingt es, Kleinvermögen für Anlagen im bezahlbaren Mietwohnungsbau zu gewinnen“, sagt der Unternehmer. Beim ersten Objekt entstehen auf vier Ebenen 1.200 Quadratmeter Wohn- und Gewerbefläche. Das Konzept baut auf regenerative Energien und flexible Grundrisse. Ein Teil der Fläche ist bereits für zehn Jahre an einen sozialen Träger vermietet worden.

 

Im Vordergrund steht für die Anleger nicht unbedingt die Maximierung der Rendite. Sie erwarten vielmehr die Sicherheit einer nachhaltigen, ethischen, sozialen und langfristigen Anlage. Auch bei der Transparenz der Kapitalanlage setzt die Bürger-AG hohe Maßstäbe. Die Aktionäre haben online Zugriff auf die Informationen aus dem Rechnungswesen, von den Vorstandsbezügen bis hin zu den Mieteinnahmen. Dadurch wissen sie zu jeder Zeit, was mit ihrer Einlage geschieht. Die Stimmrechte sind zudem auf 5 Prozent beschränkt, unabhängig von der Anzahl der Anteile.

 

Nicht nur die Anleger, sondern auch die Kommune profitiert von diesem Modell. Sie erhält kostengünstigen Wohnraum für Menschen, die kaum in der Lage sind, die heutzutage üblichen Mieten für Innenstadtlagen zu bezahlen. Dazu gehören beispielsweise Alleinerziehende mit Kindern oder Auszubildende mit geringem Einkommen. Das überzeugte auch im Gemeinderat Tübingen. Der war bereit, diese neue Form des Mietwohnungsbaus zu unterstützen. Er gab der Bürger-AG den Zuschlag für ein Grundstück und entschied sich bewusst gegen ein klassisches Bauträgermodell.

 

Die Verantwortung der Aktiengesellschaft endet nicht mit dem fertigen Gebäude. Sie kümmert sich auch danach um die Bewirtschaftung und den Werterhalt der Wohnungen. Weitere Projekte der nestbau AG sind angedacht, zum Beispiel in Stuttgart, Ulm, Freiburg und Heidelberg.